Café Barkhof


Schnellfotografie im Kaffeehaus


Ein Geschäftsmodell

 
Um die Wende zum 20. Jahrhundert gehörten Kaffeehäuser zu den zentralen sozialen Treffpunkten in Großstädten. Sie waren Orte des Austauschs, des Geschäftslebens und der Unterhaltung – und wurden auch von Touristen rege besucht.
Fotografen nutzten die längere Aufenthaltsdauer der Gäste, um ihnen Aufnahmen anzubieten. Nach kurzer Entwicklungszeit erhielten diese ihre Bilder im Postkartenformat: 6 Stück für 2 Mark oder 12 Stück für 3 Mark.
Oft war der Name des Cafés in die Fotografie hineinkopiert, sodass die Fotos zugleich als Erinnerung und als Werbung dienten.

cafe belvedere
Café Belvedere, Hamburg, 1912. Photographie Jaensch, Hamburg-Winterhude 

cafe barkhofCafé Barkhof, Hamburg, 1910er. American Schnell-Atelier Albrecht Cimbal, Hamburg

Pschorr
Restaurant Pschorr Bräu, Köln 1910

berlin
Berlin 1910er, Gustav Schröder, Berlin


Bis in die Vor- und Nachkriegszeit gab es dieses Geschäftsmodell auch in anderen Gasthäusern und Vergnügungsstätten wie Varietés oder Nachtclubs.

cafe sieglerCafé Siegler, Hamburg, 1930

ballhaus trichter
Ballhaus Trichter, Hamburg-Reeperbahn, 1934

ballhaus trichter
Ballhaus Trichter, Hamburg-Reeperbahn, 1940

Ein anschauliches Beispiel der Arbeitsweise findet sich im Stummfilm Die Verrufenen" (1925) von Gerhard Lamprecht. Dort wird ein Fotograf mit seinem Assistenten gezeigt – beide aus prekären Verhältnissen –, wie sie Besucher ansprechen, die Kamera aufbauen, die Gäste positionieren und die Aufnahme machen. In einer weiteren Szene tragen sie Chemikalien und einen Kopierapparat vor einem Etagenabort, in dem die Fotos entwickelt wurden.

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Einen zeitgenössischen Einblick liefert Wilhelm Baumanns 1902 erschienene Broschüre: mit dem Titel:
„Gründliche Einleitung zur Ausübung der modernen und gewinnbringenden Postkarten-Schnellphotographie ohne besondere Vorkenntnisse.“
Baumann beschreibt die Zielgruppe als „Durchschnittsphotographen“, die sich der „leichteren Photographie“ zuwenden und sich an „verkehrsreichen Orten“ einen Erwerbszweig aufbauen wollten. Er betont die niedrigen Kosten und die einfache Handhabung:

„Zu diesen Vorteilen der Postkartenphotographie gesellt sich … die Bequemlichkeit der Herstellung und die Billigkeit, welche es dem Sparsamsten ermöglichen, sich ohne großen Aufwand … aufnehmen zu lassen…“


Baumann


Die Behandlung der Negativplatten und das Umkopieren auf Fotopapier im Postkartenformat konnte in einem provisorischen Labor rasch erfolgen. So hielten die Gäste ihre Bilder innerhalb kurzer Zeit in Händen – handlich, versandfähig und bestens geeignet als Souvenir.

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                                                          belvedere
Café Belvedere, Hamburg, 1912. Photographie Jaensch, Hamburg-Winterhude

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Café Wallhof, Hamburg, 1910

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Café Eldorado, Hamburg-Altona, 1913, „Elite" Zentrale für Schnellphotographie

Konzerthaus clouKonzerthaus Clou, Berlin, 1910er. Kunstverlag Paul Kaufmann, Berlin

urba's burghof
Urban's Burghof, Köln, 1910er

cafe belvedere
Café Belvedere, Hamburg, 1913. Photographie Jaensch, Hamburg-Winterhude


Die wachsende Popularität dieser Praxis hing eng mit den Fortschritten der Fototechnik zusammen. Preisgünstige Kameras, lichtstarke Objektive und der Einsatz von Stativen ermöglichten Aufnahmen bei vorhandenem Licht. Dadurch konnten Fotografen spontan arbeiten und Bilder erzeugen, die besondere Authentizität und Nähe vermittelten.
Im deutlichen Gegensatz zur streng arrangierten Studiofotografie jener Zeit spiegelten diese Aufnahmen die Atmosphäre vor Ort – lebendig, ungezwungen und nah am Alltag der Menschen.

cafe barkhofCafé Barkhof, Hamburg, 1912. American Schnell-Atelier Albrecht Cimbal, Hamburg

cafe belvedere
Café Belvedere, Hamburg, 1910. Magnus Mannheim, Hamburg

cafe wallhof
Café Wallhof, Hamburg, 1910. Magnus Mannheim, Hamburg

Kurzum: Mit Kamera, Stativ und wenigen Materialien ließ sich ohne großen Kapitaleinsatz ein lohnendes Geschäft aufbauen. Geringer technischer Aufwand und kurze Einarbeitungszeit genügten, um ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen – oftmals wohl in enger Zusammenarbeit mit den Betreibern der Lokale.
So etablierte sich die Schnellfotografie an vielen Orten als florierendes Geschäftsfeld.


kaffeehaus WalhofKaffeehaus Wallhof, Hamburg, 1910er

dammtor cafe
Dammtor Café, Hamburg, 1915

cafe belvedere
Café Belvedere, Hamburg, 1912. Photographie Jaensch, Hamburg-Winterhude


Heute besitzen diese Aufnahmen einen hohen dokumentarischen Wert. Sie zeigen Mode, Gestik und soziale Interaktionen und eröffnen einen unmittelbaren Blick auf die Alltags- und Kaffeehauskultur des frühen 20. Jahrhunderts. Damit wird deutlich, wie eng kommerzielles Interesse und technische Innovation miteinander verknüpft waren – und wie daraus Bilder entstanden, deren historischer Wert sich erst mit zeitlichem Abstand vollständig erschließt.

cafe barkhofCafé Barkhof, Hamburg, 1912. American Schnell-Atelier Albrecht Cimbal, Hamburg

cafe eldorado
Café Eldorado, Hamburg-Altona, 1910,  „Elite" Zentrale für Schnellphotographie

cafe westminster
Café Westminster, Hamburg-Altona, 1912,  „Elite" Zentrale für Schnellphotographie

kaffeehaus wallhof
Kaffeehaus Wallhof, Hamburg, 1910er


  Mehr Bildbeispiele gibt es in diesem Magazin als PDF-Download:

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Text: Reinhard Krause
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